|
|
|
Über
diese praktische Funktion hinaus entfaltet sich ein überaus reiches
Bildprogramm. Szenen aus der antiken Mythologie, dem Alten und Neuen Testament,
symbolische Bilder, Darstellungen des menschlichen Lebens und fantastische
Mischwesen, halb Tier halb Mensch, sind über das Gestühl verteilt.
Dämonische und groteske Figuren tauchen eher an untergeordneten Stellen
auf, etwa den Unterseiten der Klappsitze (Miserikordien), den Sockelbrettern
der Rücklehnen oder den Handknäufen. Biblische Szenen, wie etwa
das Abrahamsopfer oder das Gleichnis vom reichen Prasser und dem armen
Lazarus, schmücken die Eingangswangen, deren Aufsätze aus reich
geschnitzten Blattvoluten wiederum Drolerien Platz bieten. Zwar lässt
sich kein systematisches theologisches Programm feststellen, doch zieht
sich wie ein roter Faden das Thema des Kampfes der Tugenden und Laster
als Mahnung für die Benutzer durch die Bildwelt des Chorgestühls.
Dem Rang der Architektur entsprechend wurden die wichtigsten der Liturgie
dienenden Ausstattungsstücke, der Hochaltar und das Chorgestühl,
an führende Bildhauerwerkstätten vergeben. Dabei haben, wie
die Stilanalyse zeigt, neben Künstlern der Kölner Dombauhütte
auch Bildhauer aus Paris mitgearbeitet. Maasländische Künstler
waren ebenfalls vertreten.
Anders als bei Kloster-, Stifts- und Pfarrkirchen, die auf kleinere lokale
Werkstätten zurückgreifen konnten, müssen an den Kathedralen
in kurzer Zeit Ausstattungen von höchster künstlerischer Qualität
und in großer Menge beschafft werden. Nur ein leistungsfähiger
und finanzkräftiger Hüttenbetrieb mit einem planenden und koordinierenden
Dombaumeister an der Spitze war in der Lage, ein solches Ausstattungsprogramm
zu bewältigen. Das Chorgestühl des Kölner Domes ist ein
hervorragendes Zeugnis für die internationalen Verflechtungen der
gotischen Kunst.
|
|