ROLF LAUER
DER KLARENALTER  
II
Im Altartypus, dem Bildprogramm und der Gestaltung des um 1350/60 entstandenen Klarenaltares treffen sich die entscheidenden religiösen und künstlerischen Bestrebungen des 14. Jahrhunderts. Ein doppeltes Flügelpaar verschließt den Mittelschrein. Werktags waren die strengen Gestalten von Heiligen des Franziskanerordens sichtbar. An Sonntagen wurde das erste Flügelpaar geöffnet und gab den Blick auf zwei Reihen von Szenen aus der Kindheitsgeschichte Christi und seiner Passion frei. Als festliche Steigerung des Erscheinungsbildes ist die Architekturrahmung plastisch ausgearbeitet, die Szenen stehen vor Goldgrund.
Die letzte Öffnung für die Festtage bietet sich in äußerster Pracht dar. 12 Reliquienbüsten von Märtyrerinnen aus dem Gefolge der hl. Ursula in der unteren Nischenreihe werden bekrönt von Architekturtabernakeln mit Figuren der 12 Apostel. Im mittleren Tabernakel konnte die Hostie aufbewahrt werden: Christus war also ebenso wie seine Heiligen im Altarschrein für den Gläubigen wirklich anwesend.