ROLF LAUER

DER ALTAR DER STADTPATRONE VON STEFAN LOCHNER  
II
Den Auftrag, für die Kapelle einen Flügelaltar herzustellen, erhielt mit Stefan Lochner ein Künstler, der in Köln offensichtlich eine herausragende Rolle spielte und 1447 sogar in den Stadtrat aufgenommen wurde.
Das Bildthema erscheint einfach: bei geschlossenen Flügeln ist die Verkündigung an Maria sichtbar, im geöffneten Zustand die Anbetung der Heiligen Drei Könige auf der Mitteltafel, die hl. Ursula und die Schar der 11 000 Jungfrauen auf dem linken Flügel und der hl. Gereon mit den Märtyrern der thebäischen Legion auf dem rechten. Über die traditionellen Darstellungen der Kölner spätgotischen Malerschule geht Lochner jedoch weit hinaus. Schon die Dimensionen sind ungewöhnlich. Bei einer Höhe von 260 cm ist der geschlossene Altar 285 cm breit, der geöffnete 570 cm.

Die Verkündigung erscheint durch die Klarheit des Innen raums, die dynamische Bewegung des Engels und die, im Verismus der Oberflächengestaltung begründete, gesteigerte
Präsenz von Figuren und Gegenständen als wahrhaftes, nachvollziehbares Geschehen. Die Handlung wird verdichtet durch zahlreiche symbolische Bezüge.

So erscheint etwa Gottvater nicht, wie üblich, als kleine schwebende Halbfigur, sondern in der metallisch glänzenden Mantelschließe des Engels. Lochners neue Darstellungsweise der Heilsgeschichte ist durch den 1432 vollendeten Genter Altar der Brüder van Eyck angeregt, einem Schlüsselwerk der spätgotischen Malerei Nordeuropas.

Bei der geöffneten Tafel wird die neue Realität des Heilsgeschehens durch die Verwendung des traditionellen Goldgrundes noch überhöht. Zusätzliche Monumentalität erreicht Lochner durch die symmetrische Komposition der Dreikönigenanbetung mit der thronenden Gottesmutter im Zentrum. »Thema ist nicht mehr die einfache Erzählung einer Episode aus der Kindheit Jesu, sondern, durch die Kombination der Heiligen Drei Könige mit den Stadtheiligen Ursula und Gereon auf den Flügeln, die feierliche Repräsentation der Stadt Köln in ihren Patronen.

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