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gut
oder schlecht wiedergeben, sich damit aber kaum als eigenständige
Kunst etablieren. Das fotografische Menschenbild auf der anderen Seite
bietet der Bildbestimmung in vielfältigen Nuancierungen so viele
konzeptionelle und technische Zugriffsmöglichkeiten, dass es heute
zweifellos als selbstständige Kunst aufgefasst werden kann (wenn
auch nicht jedes fotografische Portrait diesen Anspruch einlöst).
Werke der plastischen Kunst wären nun als Fotoobjekte zwischen Gemälden
einerseits und lebenden Menschen andererseits angesiedelt. "Skulptur
und Fotografie sind beides Lichtkünste;, schreiben Dominique Paine
und Michel Frizot in ihrer Einleitung zur Ausstellung Fotografie/Sculpture,
"vor und unabhängig von ihrem Zusammenwirken. Eine Skulptur
ist je nach dem Licht, in das sie gestellt ist, bis zu dem Punkt unterschiedlich
einzuschätzen, dass zwei verschiedene Beleuchtungen zwei unvergleichliche
Formen wahrnehmen lassen.4 Fotografien
von Skulpturen sind demnach doppelte ästhetische Objekte, die Kunst
der Bildhauerei wird durch die Bildkunst der Fotografie vereinnahmt und
überlagert.
Schwächer wohl als ein Schauspieler die ihm vorgegebene Rolle mit
sich und seiner Vorstellung von der gespielten Figur verbindet, aber in
mindestens ebenso starkem Sinne, wie ein Dirigent sein Orchester eine
Partitur spielen lässt, lassen sich Fotografien plastischer Kunstwerke
mithin als interpretierende Kunst begreifen. 5
Der Fotograf kann seinem Objekt weder etwas wegnehmen noch hinzufügen.
Aber er wählt eine Perspektive, er kann mit Filtern unmerkliche Farbwirkungen
erzielen, er fügt das Objekt, wenn auch nicht immer in eine absichtsvolle
Komposition so doch in einen engeren oder weiteren Bildrahmen, und vor
allem stellt er es in ein von ihm zu bestimmendes Licht, das Eigenheiten
des vorgegebenen Werkes betont oder zurückhält. Der Akt des
auswählenden Zugriffs ist unvermeidlich, es gibt keine neutrale Ansicht
plastischer Objekte.
Um den Begriff zu verifizieren, zeige ich zwei fremde und drei eigene
Fotografien vorn Kölner Chorgestühl. Alle fünf zeigen die
Miserikordie NI.6, die, ja was eigentlich darstellt?
Bernhard von Tieschowitz, der 1930 die Abbildung 1 des Kunsthistorischen
Instituts Marburg vor Augen hatte, beschreibt sie so: "Aus einer
durch wenige große Faltenzüge gegliederten Tuchdraperie blickt
das Gesicht eines Mannes, knochig, mit breiten aufgestülpten Lippen
und platter gewöhnlicher Nase hervor. Sein Ausdruck ist brutal und
schadenfroh. 6 Ulrike Bergmann, in Kenntnis
der Publikation von
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Miserikordie
NI.6 des Kölner Chorgestühls: |
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